Lösungen unter Druck: Wie der Lockdown den Blick auf die Digitalisierung verändert hat

Noch vor wenigen Wochen wirkten unsere Straßen wie leer gefegt, Schulen und Büros waren verlassen – so still haben wir das öffentliche Leben bisher nicht einmal im Sommerloch erlebt. Inzwischen wurden zahlreiche Maßnahmen gegen die Verbreitung des Coronavirus gelockert; in vielen Bereichen ist wieder Alltag eingekehrt. Es ist sicherlich noch zu früh, die Auswirkungen der vergangenen Zeit vollständig zu überblicken. Eines kann allerdings schon heute mit Sicherheit festgestellt werden: Es hätte wohl kaum jemand für möglich gehalten, dass sich Millionen von Menschen in so kurzer Zeit komplett neu organisieren können. Viele mussten aus dem Stand ins Homeoffice wechseln, das Klassenzimmer an den Küchentisch verlegen oder das Seminarhotel gegen einen virtuellen Versammlungsort eintauschen.

Starker Rückenwind für virtuelle Kollaboration

Viele Branchen konnten ihre Teams nahezu vollständig ins Homeoffice verlagern. Die Liste ist lang und reicht von Finanzdienstleistern, Agenturen, Beratungsunternehmen und Planungsbüros bis hin zu Weiterbildungsinstituten und öffentlichen Einrichtungen. Für viele war es glückliche Fügung, dass die Anbindung an die unternehmensinterne Infrastruktur teilweise schon vor Corona gegeben war. Das hat den Zugriff auf zentrale Dokumente und interne Anwendungen oft erleichtert. Doch das Thema Digitalisierung ist nicht nur für die Wirtschaft und das Arbeitsleben interessant. Während des Lockdowns haben sich die Vorteile der virtuellen Zusammenarbeit für zahlreiche andere Bereiche zum regelrechten Helfer in der Not entwickelt.

Ab ins Web mit Messen, Seminaren und Konferenzen

Branchentreffen, berufliche Netzwerke und der Meinungsaustausch unter Experten sind wichtige Entwicklungstreiber – sowohl regional als auch auf internationaler Ebene. Im Zuge der weltweiten Eindämmungsmaßnahmen ist dieses Segment allerdings vollständig weggebrochen. Viele Organisationen sind nun gezwungen, ihr komplettes Veranstaltungsportfolio zu virtualisieren und alternative Formate für den fachlichen Austausch zu entwickeln. Und siehe da: Mittlerweile füllen sich die Terminkalender der Branchenportale wieder. Der digitale Erfindungsgeist vieler Unternehmen und Veranstaltungsanbieter zahlt sich aus – und wird zudem auch in Zukunft eine Menge an Reisekosten und CO2 sparen.

Schule und Studium aus der Ferne

Homeschooling hat zwischenzeitlich so manche Familie an den Rand des Wahnsinns gebracht – und dennoch konnten viele Kinder und Jugendliche inhaltlich am Ball bleiben. Schul-Clouds, die Nutzung webbasierter Dokumentenablagen wie Dropbox, HiDrive & Co. oder auch Konferenzen über Kollaborations-Apps halfen dabei, dass Lehrkräfte ihre Klassen auch aus der Ferne didaktisch begleiten konnten. An den Hochschulen sieht es ähnlich aus, wobei hier schon länger elektronische Formate wie MOOCs (Massive Open Online Course) auf dem Programm stehen. Allerdings muss resümierend festgehalten werden, dass Theorie und Praxis nicht immer deckungsgleich sind: Auch die E-Lehre ist – bei allen technischen Möglichkeiten – immer nur so gut wie das Bildungskonzept, auf das sie aufsetzt.

Kunst und Kultur entdecken Livestream für sich

Als im März alle öffentlichen Veranstaltungen untersagt, Theater geschlossen und Konzerte auf unbestimmte Zeit verschoben wurden, mussten viele Kulturschaffende zusätzlich kreativ werden. Viele Künstler haben in dieser Zeit die Live-Performance per Videostreaming für sich entdeckt – die Darstellungsformen reichen von musikalischen Darbietungen über Lesungen bis hin zu virtuellen Poetry Slams. Für viele Musik-, Literatur- und Kunstbegeisterte ist das Zuschauen über Twitch, YouTube und ähnliche Livestreaming-Anbieter eine echte Alternative zu Autokonzerten und Drive-in-Auftritten.

Anwender entscheiden über Zukunftstechnologien

Der erzwungene Wechsel in digitale Arbeits-, Lern- und Kommunikationsumgebungen hat sicherlich eine Menge an Herausforderungen mit sich gebracht, er hat aber auch Potenziale freigesetzt. So sind aus dem Lockdown Impulse entstanden, die der Digitalisierung einen regelrechten Booster verpasst haben. Viele der genutzten Anwendungen waren teilweise bereits vorhanden – dass Server und Netzwerke den blitzartig ansteigenden Workloads standhalten würden, war allerdings nicht vom ersten Tag an klar. Die Erleichterung nach knapp einem halben Jahr Maximalanforderung: Deutschland ist in Sachen digitaler Infrastruktur besser aufgestellt als von Skeptikern gedacht, vor allem in städtischen Gebieten. Die Krise hat allerdings auch gezeigt, dass im ländlichen Raum definitiv Aufholbedarf herrscht, was die Digitalisierung und die digitale Infrastruktur betreffen. Doch letztlich entscheiden nicht die technischen Rahmenbedingungen über den Erfolg oder Misserfolg einer Technologie, sondern die Anwender. Und die haben in den vergangenen Wochen ebenfalls einen großen Schritt in Richtung Digitalisierung getan.

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